Woche in Berlin

Meine Arbeit in Berlin

Als Abgeordnete arbeite ich abwechselnd in meinem Wahlkreis und in Berlin. Das Jahr unterteilt sich in etwa 20-22 Sitzungswochen und etwa dreißig sitzungsfreie Wochen. In den Sitzungswochen sind alle Abgeordneten in Berlin. Es besteht an diesen Tagen Präsenzpflicht und überall in den Gebäuden des Deutschen Bundestages liegen Anwesenheitslisten aus, in die wir Abgeordnete uns eintragen müssen.

Während ich die sitzungsfreien Wochen im Wahlkreis mit Terminen bei Unternehmen, Vereinen, mit Bürgersprechstunden, und vielen anderen, unterschiedlichen Veranstaltungen fülle, sind die Sitzungswochen in Berlin annähernd gleich aufgebaut. Das ist nötig, damit die Arbeit der mittlerweile 709 Abgeordneten und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reibungslos funktionieren kann.

Daher will ich Ihnen / euch den Ablauf einer typischen Sitzungswoche im Folgenden skizzieren und ein wenig näher erläutern:

Montag:

Montag ist mein Bürotag. Nachmittags finden teilweise Anhörungen statt. Anhörungen sind Experten-Anhörungen zu bestimmten aktuellen Themen. Sie stehen allen Abgeordneten offen. Auf eine Anhörung können sich die Fraktionen verständigen, wenn sie zum Beispiel noch weiteren Beratungsbedarf bei einem Gesetzesvorhaben erkennen. Montagabend findet die so genannte Landesgruppen-Sitzung der hessischen Landesgruppe statt. Alle hessischen Abgeordneten gehören automatisch zur hessischen Landesgruppe. Bei gemeinsamen Essen tauschen wir uns vor allem darüber aus, ob in der kommenden Sitzungswoche Themen aufgesetzt sind, die für uns Hessen besonders wichtig oder interessant sind.

Dienstag:

Am Dienstag beginnen die Gremiensitzungen im Deutschen Bundestag. Die Arbeitsgruppen der einzelnen Fraktionen treffen sich am Vormittag. Ich gehe in die Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz und anschließend in die Arbeitsgruppe Haushalt. Die Arbeitsgruppensitzungen werden jeweils nur von Abgeordneten der eigenen Fraktion besucht. Während mich meine Büroleiterin zu den Sitzungen der AG Recht und Verbraucherschutz begleitet, sind die Sitzungen der AG Haushalt nicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugelassen. Nach den AG-Sitzungen nehme ich – wann immer meine Zeit es erlaubt – am Mittagstisch der Seeheimer teil.

Am Dienstagnachmittag tagt regelmäßig und meist um 15:00 Uhr die gesamte SPD-Bundestagsfraktion. Hier werden alle Themen und Projekte der laufenden Sitzungswoche besprochen. Die Berichterstatter oder die Sprecher berichten über alles, was in den Ausschüssen und im Plenum diese Woche behandelt wird und geben Empfehlungen an die Fraktion, die diese aufnimmt, diskutiert und beschließt.

Anschließend gibt es noch Abendtermine: Diskussionsrunden, parlamentarische Abende, Empfänge und vieles mehr. Ich nehme in erster Linie Termine wahr, die auch mit meiner Arbeit in den Ausschüssen und den Arbeitsgruppen zu tun haben oder die wichtig sind für meinen Wahlkreis.

Mittwoch:

Am Mittwoch finden die Ausschuss-Sitzungen statt. Hier treffen die Fachpolitiker aller sechs im Bundestag vertretenen Fraktionen aufeinander. Hier werden Gesetzesvorhaben und Anträge erörtert und abgestimmt. Hier wird die wichtige Sacharbeit geleistet, hier fließt Fachwissen ein und werden die Gesetzentwürfe bearbeitet, bis sie zur endgültigen Abstimmung an das Plenum überwiesen werden. Jede und jeder Abgeordnete bringt sich in diesen Prozess mit seinem „Spezialgebiet“, das heißt seiner Berichterstattung, ein. Im Haushaltsausschuss bin ich zum Beispiel für den Einzelplan 07, Justiz und Verbraucherschutz, zuständig. Es wird erwartet, dass ich mich so einarbeite, dass ich die Interessen der SPD-Fraktion in diesem Bereich vertreten kann. Ohne diese Arbeitsteilung innerhalb der Fraktion wären die Aufgaben und die Arbeit im Deutschen Bundestag gar nicht zu bewältigen. Die Fülle der Themen und die schwierigen Sachfragen können nur dann seriös bearbeitet werden, wenn die Abgeordneten sich spezialisieren dürfen.

Mittwoch beginnt auch gleich das Plenum. Es geht los mit der so genannten Fragestunde und der Befragung der Bundesregierung. Häufig gibt es zusätzlich eine „Aktuelle Stunde“, die auch kurzfristig einberufen werden kann und die ein akutes politisches Thema aufgreift. Ich nehme an diesem Tag in der Regel nicht am Plenum teil, da der Haushaltsausschuss parallel tagt.

Der Mittwoch klingt aus wie der Dienstag mit erneuten Abendveranstaltungen.

Donnerstag:

Am Donnerstag ist Plenum. Die Plenarsitzung beginnt um 9:00 Uhr. Die ersten vier, manchmal auch sechs Stunden bezeichnet man dabei als Kernzeit. In ihr werden die Themen diskutiert und behandelt, die von grundlegender Relevanz oder von besonderem öffentlichen Interesse sind. Die Kernzeit wird live übertragen und kann im Fernsehen oder im Internet verfolgt werden. Im Internet können die Debatten auch zu einem späteren Zeitpunkt verfolgt werden.

  • Unter bundestag.de können Sie sämtliche Bundestagsdebatten im Livestream verfolgen oder zu einem späteren Zeitpunkt ansehen.

Auch wenn mich sehr viele Themen interessieren, kann ich nicht den ganzen Tag im Plenum verbringen, da mir ansonsten keine Zeit mehr für andere wichtige Aufgaben bliebe, wie zum Beispiel Teambesprechungen, Bürgerbriefe und –anfragen, Fachlektüre und Vorbereitung, Termine mit Verbänden, Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern bei ihren Berlinbesuchen und Telefonate. Natürlich gehe ich zwischendurch immer wieder ins Plenum, um an namentlichen Abstimmungen teilzunehmen oder Präsenz bei Themen zu zeigen, für die ich mit meiner Arbeit in den Arbeitsgruppen und Ausschüssen verantwortlich bin.

Es kommt nicht selten vor, dass bis in den späten Abend hinein getagt wird.

Freitag:

Am Freitag tagt erneut das Plenum, wiederum mit einer Kernzeit von 9:00 bis 12:00 beziehungsweise 14:00 Uhr. Je nach Tagesordnung endet das Plenum allerdings früher als am Donnerstag, meist zwischen 14:00 und 16:00 Uhr.

An allen Plenartagen gibt es so genannten Schriftführerdienst. Auch ich bin für diese Legislatur als Schriftführerin eingeteilt. Schriftführer sind Abgeordnete, die der Bundestag auf Vorschlag ihrer Fraktionen in dieses Amt wählt. In der 19. Wahlperiode gibt es 62 Schriftführer, die sich an Sitzungstagen abwechseln. Je zwei Schriftführer bilden mit dem amtierenden Bundestagspräsidenten den Sitzungsvorstand. Sie sitzen links und rechts neben dem amtierenden Präsidenten. In der Regel gehört einer den Regierungsfraktionen und einer der Opposition an.

Die Schriftführer nehmen Anträge und Wortmeldungen entgegen, verlesen Schriftstücke, führen Rednerlisten, überwachen die Korrekturen des Plenarprotokolls und stellen das Ergebnis von Abstimmungen fest.

Jetzt kann ich mich auf den Weg in meinen Wahlkreis machen und auch meine Familie freut sich nach einer Woche Trennung auf ein Wiedersehen.